Alice-Tiefgarage
Ausstellung

Parken und betrachten

VON DER MATHILDENHÖHE IN DIE TIEFGARAGE

Genau 110 Jahre nach der Fertigstellung des Albin-Müller-Beckens auf der »Darmstädter Mathildenhöhe« wurde im April 2024 eine Adaption in der Alice-Tiefgarage eingeweiht.

1914 wurde unter dem damaligen Leiter der vierten und zugleich letzten Ausstellung der Künstlerkolonie Mathildenhöhe Albin Müller (*1871 in Dittersbach, †1941 in Darmstadt) unter anderem der Vorplatz der Darmstädter Mathildenhöhe neu gestaltet. Zu den Gestaltungselementen zählt neben dem Schwanentempel auch die durch den Volksmund als Albin-Müller-Becken getaufte Brunnenanlage vor der russisch-orthodoxen Kapelle. Genau 110 Jahre später wurde Mitte April eine Adaption des Lilienbeckens im Treppenhaus der im Dezember 2022 eröffneten Tiefgarage des Alice-Hospitals eingeweiht.

Planungszeit heute länger als damals

Im Gegensatz zu der originalen Brunnenanlage auf der Mathildenhöhe, die von Albin Müller in nur knapp einem Jahr Planungszeit realisiert wurde, brauchte es für den Fliesenteppich in der Alice-Tiefgarage aufgrund der sorgfältigen Vorbereitung allerdings wenige Monate länger. »Am Anfang stand für uns nur fest, dass etwas im Treppenhaus aufgehängt werden sollte, uns war allerdings noch nicht genau klar was«, berichtet Ulrich Scheinert von der Investorengruppe Biskupek Scheinert Moog, welche das Parkhaus geplant und umgesetzt hat und gemeinsam mit dem Alice-Hospital betreibt. Im Gespräch mit dem ehemaligen Leiter der Unteren Denkmalschutzbehörde in Darmstadt, Nikolaus Heiss, wurde zunächst die Option erörtert, gebrannte, aber noch unglasierte Fliesen des Hauses Olbrich, nachzuglasieren und anzubringen. Als sich diese Option als zu kostspielig herausstellte, wurde schließlich nach Alternativen gesucht. Angeregt durch die historische Beziehung zwischen dem Alice-Hospital und der Mathildenhöhe, beide gegründet durch Mitglieder des Hauses Hessen, wurde schließlich Bezug zum wohl häufigsten Fotomotiv auf der Mathildenhöhe hergestellt: dem Lilienbecken.

Gleichen Tonwerke wie vor 110 Jahren

Bereits im Januar 2022 wurden die ersten Zeichnungen durch Anna Ries angefertigt, die ein Schülerpraktikum im Planungsbüro absolvierte. In knapp zwei Jahren Planungszeit, in denen insbesondere Björn Junker, Mitarbeiter der Investorengruppe, die Zeichnungen weiter ausarbeitete, entstand die fertige Planung, an deren Ende schließlich das Unternehmen Gail aus dem mittelhessischen Städtchen Pohlheim beauftragt wurde, die Fliesen erneut zu produzieren. Erneut? Bereits das Original wurde 1914 von den Gail’schen Tonwerken gefertigt, ebenso Fliesen die zwischen 1961 und 1962 sowie abermals im Jahr 2000 im Rahmen von Sanierungsarbeiten verwendet wurden.

Zunächst als bedruckte Fliesen gedacht, wurde diese Option aufgrund der wenig ansprechenden Anmutung schnell wieder verworfen. Statt des ursprünglichen Produktionsverfahrens wurde schließlich ein Prozess gewählt, bei dem Fliesen aus dem Standardsortiment verwendet werden konnten. Gemeinsam mit dem damals noch tätigen Kulturreferenten der Wissenschaftsstadt Dr. Ludger Hünnekens, sowie Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Instituts Mathildenhöhe, wurden schließlich die passenden Farben ausgewählt. Im Anschluss wurden diese mit Wasserstrahl geschnitten und zu den einzusetzenden Mosaikelementen zusammengefügt. Seit Ende März konnten die insgesamt 891 Mosaikelemente schließlich durch die Fliesenleger vom Seligenstädter Unternehmen A. L. Fliesenprofi an die Wände im Treppenhaus angebracht und die Arbeiten am 15. April 2024 abgeschlossen werden. Rechtzeitig zur Wiedereröffnung der Mathildenhöhe am 20. September dieses Jahres.

WE BUILT THIS GARAGE

Über ein Jahr begleitete der Darmstädter Fotograf Rene Antonoff die Baustelle der Alice-Tiefgarage. Am Anfang als reine Foto-Dokumentation geplant erlebte er gemeinsam mit dem Bautrupp den Bauprozess.

Dafür musste der 63-jährige auch mal früh aufstehen. „Morgens ist das beste Licht für den Fotografen“, schwärmt er. Da konnte es sein, dass er um fünf Uhr früh zum Betongießen auf die Baustelle kam. Die Frauen und Männer auf der Baustelle freuen sich wenn er da war. Sie waren stolz, auf das was sie täglich vollbrachten und freuten sich, dass René Antonoff sie fotografiert und ihre Arbeit im Bild festhielt.

Dabei wirken manche Situationen wie ein Innehalten beim Ballett, wie eine Momentaufnahme einer genau einstudierten Choreografie, bei der jeder Schritt vorgegeben ist und jeder Griff sitzen muss. Die Fotografien wirken wie inszeniert vor der grandiosen Kulisse der Mathildenhöhe und sind doch nur ein Blitzlicht der täglichen schweren Arbeit.

Weit mehr als tausend Bilder hat der gebürtige Darmstädter so geschossen. Ein Teil der dabei entstandenen authentischen Portraits sind in der Tiefgarage ausgestellt.